Ein Flügelschlag zwischen den Sätzen - Das Semikolon.

Ein Flügelschlag zwischen den Sätzen - Das Semikolon.
Ein Flügelschlag zwischen den Sätzen - Das Semikolon.

Es ist kein Bakterium, keine Qualle – es ist ein Strichpunkt. Ein unscheinbares Satz-Zeichen, das fast vergessen scheint. Auf der Tastatur unten rechts ist’s zu entdecken. Erfunden wurde es im 15. Jahrhundert von dem italienischen Humanisten Aldus Manutius. Er siedelte es zwischen Komma und Punkt an, dies auch als Brücke zwischen Gedanken. Halb und ganz zugleich. Semi; Kolon.

Es trennt nicht so hart wie ein Punkt. Es verbindet nicht so flüchtig wie ein Komma. Es stellt zwei Sätze nebeneinander – gleichwertig, gleichberechtigt. „Er liebt das Meer; sie liebt die Berge.“ Kein Unterordnen, kein Bewerten… sondern trotz Verschiedenheit ein Miteinander… und ein inspirierendes Dazwischen für alle möglichen Interpretationen.

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Ja klar, heute wirkt das Semikolon etwas altmodisch. Wer nimmt sich schon Zeit für feine Satzzeichen? Zwischen Emojis, (sehr) vielen Ausrufezeichen und Abkürzungen wirkt das Semikolon wie ein höflicher Gast, der noch etwas Stil ausdrücken soll. Und Raum schafft, für den Freiraum des Interpretierens beim Lesen der Sätze. In der Programmiersprache hingegen hat das Semikolon einen fixen Platz und Botschaft: Es markiert das Ende eines Befehls (return 0;).
Es gibt auch eine Organisation namens Semikolon, die sich der Suizidprävention verschrieben hat. Das «Punkt-Kommazeichen» steht dafür, dass der Satz bereits hätte enden können – doch er wurde fortgesetzt.
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Wie wäre es, wenn wir unser Miteinander etwas mehr «semikolon-mässig» gestalten würden? Nicht ständig Punkte setzen. Nicht unaufhörlich Kommas häufen und nach Ausrufezeichen lechzen. Sondern innehalten. Gleichwertigkeit aushalten. Das Nebeneinander akzeptieren.
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In einer Welt, die gerade eben irgendwie sehr laut nach Trennungen ruft, schenkt uns der Strichpunkt beinahe eine Atempause. Er drängt sich in den Texten, dem Lesenden nicht auf, er ist kein modisches Zeichen. Aber er hält etwas offen. Und vielleicht ist gerade das sein heutiger Wert: ein kleines Zeichen für Fortsetzung; für ein Weiter. Quasi wie ein leiser Schmetterlingsflügelschlag zwischen den Sätzen – meist nicht wahrgenommen und doch trägt er weiter. Somit: ein Hoch auf das Semikolon.
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„Das Semikolon sagt: Hier könnte ein Punkt sein; aber es ist nicht das Ende.“ - Kurt Vonnegut (amerikanischer Schriftsteller)