Die Sonne steht hoch, die Luft ist warm, ein leichter Wind bewegt die Blätter. Ein Tag, wie geschaffen, um Wäsche im Freien aufzuhängen. Doch wo sind sie geblieben, die flatternden Hemden, die bunten Tücher, die langen Laken? Früher hingen sie über Balkonen, zwischen Bäumen, quer durch Innenhöfe und Gärten. Heute sieht man sie kaum noch. Wäscheleinen scheinen aus der Mode geraten zu sein. Zu viel Aufwand, zu wenig Platz oder vielleicht auch zu viele Vorschriften. Dabei wäre gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, sie wieder zu spannen. Nicht aus Nostalgie, sondern aus einem einfachen Grund: Wäsche an der Wäscheleine zu trocknen, spart Strom – und zwar, wenn dies viele täten, recht viel.
Rund drei Millionen Haushalte in der Schweiz besitzen einen Tumbler (gemäss Bundesamt für Energie, 2023, sind das rund drei Viertel aller Haushalte). Selbst moderne Wärmepumpenmodelle verbrauchen für eine einzige Ladung rund 1,2 Kilowattstunden Strom. Wer in den wärmeren Monaten von Mai bis September jede Woche einmal das Wäscheaufhängen an der Leine statt des Trocknens im Tumbler wählt, spart damit 22 Trocknungen. Das sind 26 Kilowattstunden pro Haushalt – und hochgerechnet auf alle drei Millionen Haushalte 79 Millionen Kilowattstunden. Genug, um den Jahresstrombedarf von 34 000 Haushalten zu decken. Die Rechnung ist fiktiv – klar! – aber sie zeigt auf, was möglich wäre.
Viele Hausordnungen verbieten sichtbare Wäsche im Freien. Sie gilt als störend, als unschön. Und sonntags wird so oder so nicht gewaschen. Wer die feuchten Kleider trocknet, soll das bitte drinnen tun – im Tumbler, im Trockenraum oder diskret auf dem Balkon.
Früher war das logischerweise anders. Wäsche aufzuhängen ist so alt wie das Waschen selbst. Man spannte Leinen zwischen Mauern, breitete Laken auf Wiesen aus, hing Hemden in Dachböden auf. Es gehörte einfach dazu – wo sollte die Wäsche sonst trocken werden?
Wäsche aufhängen? Spart Strom und schenkt Dir einen Moment
Natürlich braucht das Wäschetrocknen im Freien Zeit. Zehn Minuten pro Ladung vielleicht. Zum Glattstreichen, Klammern setzen, Auf‑ und Abhängen. Auch das Trocknen selbst braucht seine Zeit und man muss daran denken, die Wäsche rechtzeitig wieder hereinzuholen. Der Tumbler dagegen läuft nebenbei. Aber wer die Wäsche aufhängt, spart nicht nur Strom und Fasern. Er/Sie gewinnt einen Moment für sich – eine kleine Meditation zwischen Hemden und Tüchern. Klar, ein Hemd im Wind verändert nicht die Welt… aber vielleicht doch ein wenig: Wer zweiundzwanzig Mal im Jahr anders entscheidet, ist in Bewegung, umgeben von feinem Duft – und spart dabei einen ziemlichen Happen Strom.
... weitere Alltagsgeschichten findet Du in meinem Blog... z.B. Fantasie – Die stille Kraft hinter Innovation und Wandel
„On clotheslines, the clothes themselves become more than just pants or t‑shirts; unified by color and drape, they are more like flags of different shapes.“ - Ingrid Fetell Lee